Blickpunkt Nottuln
29.04.2024
Blickpunkt Nottuln
Du bist bei uns alle Tage ... Das Gemeinde(Jugend)haus soll in den 90-Jahren auf dem Grundstück gebaut worden sein, allerdings ohne Keller (offensichtlich trotz vermutetem Bodendenkmal)
Blickpunkt Nottuln
Der alte umgebaute Speicher, heute Friedenshaus, steht zusammen mit dem Gemeindehaus und dem Grundstück für den Verkauf zur Disposition
Blickpunkt Nottuln
Die Kirche unter dem Kreuz, das Gemeindehaus, die Pfarrerwohnung und das Grundstück mit dem Bibelgarten, steht ebenfalls für den Verkauf zur Disposition

Eine Kirche verkauft man nicht (Teil 2)

Das Friedenshaus in Appelhülsen

Vom Wirtshaus zur Schule, vom Feuerwehrhaus zum alten Speicher und dann zum Friedenshaus. Das Gebäude hatte schon einige Jahre auf dem Buckel und viele Nutzungen erfahren, bevor es am 30. Mai 1976 in Appelhülsen als evangelische Kirche mit dem offiziellen Namen „Friedenshaus“ eingeweiht wurde. Doch der lange mühsame Weg bis dahin stand immer unter dem Bibelwort: "Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende". Und das hat sich als sehr zutreffend erwiesen, wie Pfarrer Theodor Schmidt, der 18 Jahre für die Gemeinde tätig war, in seinem Grußwort anlässlich des 40 Jubiläums 2016 schrieb.

Die evangelische Kirchengemeinde in Appelhülsen gehört seit 1989 zur evangelischen Friedens-Kirchengemeinde Nottuln. Das Friedenshaus liegt eingebunden im Grünen ziemlich mittig am Prozessionsweg. Schon seit einiger Zeit wird es auch für literarische, musikalische und künstlerische Veranstaltungen genutzt. Direkt nebenan befindet sich das Jugendhaus. Hier wird im „Bilderbuchkino“ mit Kindern und Jugendlichen gebacken und gemalt, um Ihnen jahreszeitliche Themen näherzubringen.

Darstellung der Verkaufssituation
Das Friedenshaus steht ebenfalls für den Verkauf zur Disposition. Einer der Standorte, entweder das Friedenshaus in Appelhülsen oder die Kirche unter dem Kreuz in der Kerngemeinde Nottuln soll aus finanziellen Gründen aufgegeben werden.
Ein Gedanke, mit dem man sich keineswegs anfreunden kann, denn wenn man sich nur die Bilder der Kirche unter dem Kreuz sowie des Friedenshauses anschaut, wird deutlich, um welch wunderbare Einrichtungen, mit welch sinnvoller und wichtiger Aufgabe es sich hier handelt.
Die Darstellung der tatsächlichen Verkaufsistuation in der Öffentlichkeit muss jedoch so klar und deutlich sein, sodass Rückschlüsse, die zu falschen Entscheidungen führen können, ausgeschlossen werden.
So hat in der Kirchen-Mitgliederversammlung der Vorsitzende des Bevollmächtigten-Ausschusses Tobias Schleutker aus Appelhülsen u. a. Folgendes zum Verkauf des Friedenshauses angeführt: "Der Knackpunkt jedoch sei, dass das Grundstück, nämlich die Urzelle der Siedlung von Appelhülsen sei und ein Bodendenkmal darunter vermutet werde. Deshalb müsste vor einer Bebauung des Grundstückes ein Team von Archäologen das Grundstück untersuchen."

Anmerkung der Redaktion: Appelhülsen wurde im 11. Jahrhundert erstmals urkundlich erwähnt, als an der Stelle des heutigen Schulze-Frenkings-Hof ein Haupthof stand, aus dem sich das Dorf entwickelte - somit liegt offensichtlich hier und im direkten Umfeld die Urzelle Appelhülsens.
Der Verkäufer eines Grundstückes, auf dem ein Bodendenkmal vermutet wird, ist lediglich verpflichtet, den Verkauf der Unteren Denkmalschutzbehörde anzuzeigen, dadurch entstehen keine Kosten.

Schleutker weiter: "Die Kosten dafür würden auf unseren Schultern lasten. Die Summe dafür sei unter Umständen sechsstellig."
Anmerkung der Redaktion: Etwaige Untersuchungs- und Dokumentationskosten hat nicht der Veräußerer eines Grundstückes zu tragen, sondern der Käufer, falls dieser hier etwas verändern, beseitigen oder neu errichten will. Genauer gesagt, hat der Käufer und Rechtsnachfolger die vorherige wissenschaftliche Untersuchung, die Bergung von Funden und deren Dokumentation sicherzustellen und die dafür anfallenden Kosten im Rahmen des Zumutbaren zu tragen - doch was heißt eigentlich zumutbar?

Zumutbarkeit bei Grabungs- und Dokumentationskosten:
Aus dem Veranlasserprinzip folgt die grundsätzliche Verpflichtung zur Durchführung und Finanzierung von Grabungen und Dokumentationen. In Anlehnung an die Rechtsprechung und Literatur zu den Grenzen von naturschutz- und bauordnungsrechtlichen Kosten hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) des Landes Sachsen-Anhalt mit einem Urteil vom 16.6.2010 einen Korridor von 10 bis 20 % (in der Regel 15 %) der Gesamtkosten eines Vorhabens, als zumutbar angesehen. Dies wurde auch vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) bestätigt. Diese Kostenbeschränkung bezieht sich ausschließlich auf private Veranlasser.

Bauen auch ohne wissenschaftliche Untersuchungen
Das höchste Gut sieht der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) bei den Bodendenkmälern in ihrer Erhaltung für künftige Generation, wie wir in einem Gespräch mit der Leiterin der Außenstelle Münster, LWL-Archäologie für Westfalen, Dr. Sandra Peternek, erfahren haben. Trotzdem ist es unter bestimmten Voraussetzungen möglich, auf Grundstücken mit Bodendenkmälern ohne vorherige wissenschaftliche Untersuchung zu bauen.

Das LWL berät im Einzelfall den Bauherrn oder auch schon bei der Erschließung von Neubaugebieten die Gemeinden. Zur Erhaltung der Bodendenkmäler ist es aber grundsätzlich zu vermeiden, in den Erdboden zu gehen. So ist das Bauen ohne Kellergeschoss möglich, zum Beispiel mit einer Bodenplatte auf einer Aufschüttung. Schließlich entwickeln sich im Laufe der Generationen auch die Methoden zur Erkundung von Bodendenkmälern. Insofern wird ihre Erkundung und wissenschaftliche Beurteilung wahrscheinlich auch später einmal ohne aufwendige Grabungen möglich sein, so Dr. Sandra Peternek.

Wir hoffen, dass unsere Recherchen mehr Licht und Klarheit in die Angelegenheit bezüglich der tatsächlichen Verkaufssituation des Friedenshauses gebracht haben. Lesen Sie bitte auch den bereits in den NB eingestellten Teil 1 und den Teil 3 des Artikels "Eine Kirche verkauft man nicht", der in Kürze in den NB eingestellt wird.

- Der Nottulner Blickpunkt hat es sich übrigens zur Aufgabe gemacht, nicht „nur“ über Baudenkmäler, sondern auch über Bodendenkmäler zu berichten, die aber auch oft miteinander im Verbund stehen. Der Erhalt der Denkmäler für künftige Generationen soll dabei, wie bisher, im Vordergrund stehen, denn: "Man kann das Gegenwärtige nicht ohne das Vergangene erkennen" (Johann Wolfgang von Goethe).

Mit besten Grüßen
Ihre Redaktion

Karin und Jürgen Gerhard